2013 März

Ausgabe 2012, Expert Verlag, ISBN 978-3-8169-3114-0

Die Themen Hybrid- und Elektrofahrzeuge, Motor-Start-Stopp-Systeme und elektrisches Energiemanagement haben in der Automobilindustrie inzwischen eine große Bedeutung erlangt. Wesentliche Katalysatoren dieser Entwicklung sind Klimawandel, steigende Energiepreise und die ökologische Gesinnung in Politik und Gesellschaft. Die Begriffe Elektromobilität, Elektrifizierung und Energiemanagement sind derzeit in aller Munde. Weltweit arbeiten Hersteller, Zulieferer und Subzulieferer mit Hochdruck an neuen Konzepten und Fahrzeugen. Hybridfahrzeuge verschiedenster Ausprägung ebnen den Weg für reine Elektrofahrzeuge, die aufgrund der Energiespeicherproblematik erst langfristig großflächig zum Einsatz kommen werden. Die Lösungen dazu entstehen aber bereits heute in den Köpfen der Entwickler. Für die neuen Antriebssysteme und Gesamtfahrzeuge muss vieles neu entwickelt und erprobt werden. Die Elektrik und Elektronik spielt darin eine Schlüsselrolle für die Entwicklung von Hybrid- und Elektrofahrzeugen und bildet die Basis für Motor-Start-Stopp-Systeme und elektrisches Energiemanagement.

Vorwort

Der Klimawandel hat die Mobilität mit Personenkraftfahrzeugen in einen massiven Umbruch getrieben. Die Verringerung des Energieverbrauchs und die Verringerung von Kohlenstoffdioxid-Emissionen haben für zukünftige Verkehrskonzepte eine immense Bedeutung erlangt. Neue Mobilitätskonzepte für die Urbanisierung und geän-derte Nutzungsprofile finden groІe Beachtung in der Öffentlichkeit. Die Elektromobilität ist das beherrschende Thema in der Diskussion um die Zukunft der Mobilität in Ballungsgebieten, der Ausrichtung der Automobilindustrie und der Energiewirtschaft. Das Interesse an und die Bereitschaft zur Nutzung von flexiblen Geschäftsmodellen für Mobilität in der Bevölkerung der GroІstädte haben laut neuesten Studien einen Anteil von bis zu 80 % erreicht. Die Voraussetzungen für den Kauf von Hybrid- oder Elektrofahrzeugen sind primär mit den Erwartungen verbunden, dass diese Fahrzeuge insgesamt günstiger sind als solche mit herkömmlichen Antrieben. Weitere Vor-aussetzungen sind eine ausreichende Verfügbarkeit von Ladestationen, eine gröІere Reichweite als heute und vergleichbare Standards zu heutigen herkömmlichen Fahr-zeugen hinsichtlich Komfort und Sicherheit. Dabei nehmen die Kunden durchaus höhere Anschaffungskosten für Hybrid- oder Elektrofahrzeuge in Kauf, erwarten aber in Summe eine günstigere Bilanz durch Kostenvorteile, etwa in Bezug auf geringere Betriebs- und Energiekosten.
Die Entwicklungsaktivitäten für Hybrid- und Elektrofahrzeuge nehmen weiter zu. Auf allen Automobilausstellungen werden Fahrzeuge dieser Art präsentiert und die Serieneinsatztermine angekündigt. Zusätzlich spielen Konzepte für effizientes Energiemanagement eine immer gröІere Rolle. Die Elektrik/Elektronik liefert hier einen wesentlichen Beitrag und eröffnet mit neuen Technologien Potenziale für weitere Optimierung hinsichtlich Kraftstoff- oder Energieverbrauch, CO2-Emissionen und Reichweite.
Als ein wesentlicher Treiber für Hybrid- und Elektrofahrzeuge sowie Verbrauchs-reduktionen durch elektrisches Energiemanagement werden häufig die europäischen CO2-Targets genannt.

Betrachtet man das Thema jedoch ganzheitlich, wird man in Summe vier wichtige Gründe identifizieren:

  1. Weltweite Targets zu CO2-Reduktionen
  2. Wachstumsmärkte/Schwellenländer
  3. Ekonomische Aspekte
  4. Еkologische Aspekte

Neben dem bekannten Target von 95 g/km CO2 für 2020 in der Europäischen Union gibt es auch verbindliche Targets in den USA, China und Japan. Die Absolutwerte der Targets sind mit 157g/km respektive 132g/km und 141g/km nicht so aggressiv
wie in Europa. Die erforderlichen relativen Veränderungen zwischen knapp 20 % in China, ungefär 30 % in den USA und Japan und ca. 40 % Reduktion in Europa lie-gen allerdings nicht mehr so weit auseinander.

Neben der Reduktion der Emissionen in den USA und Europa muss natürlich auch das Thema Neu-Emissionsvermeidung in den Schwellenländern betrachtet werden. In diesen Märkten nimmt die Anzahl der Bewohner mit eigenem Fahrzeug jedes Jahr signifikant zu. Haben heute in Europa ca. 50 % der Bewohner ein eigenes Fahrzeug, sind es in China erst 1,6 % und in Indien nur 0,8 %. Jährliche Wachstumsraten von ungefär 10 % in beiden Regionen sind ökologisch nur mit signifikanten Fortschritten im Flottenverbrauch erreichbar.
Zusätzlich muss die zur Verfügung stehende Menge an Rohöl mit in die Betrachtung aufgenommen werden. Die Еlproduktion hat mit 30 Milliarden Barrel järlich wohl ihren Höhepunkt schon erreicht. Als Ergebnis der steigenden Nachfrage bei konstan-ten Förderquoten erleben wir aktuell in Deutschland ein Allzeithoch der Kraftstoff-preise; in Norwegen hat der Preis für einen Liter Super bereits die Marke von 2 Euro überschritten. Ein Ende dieses Trends ist nicht zu erwarten: Der Bedarf gerade aus den Emerging Markets steigt weiter an; eine Erhöhung der Еlproduktion ist nicht mehr sinnvoll möglich. Und immer wieder wird in diesem Zusammenhang diskutiert, wie lange die Еlvorräte auf der Erde überhaupt noch reichen werden.

Unabhängig von der Rohstoffverfügbarkeit fordert der Trend zur Urbanisierung eine Reduktion von Emissionen in den groІen Ballungszentren weltweit. Gleichzeitig nimmt deren Anzahl kontinuierlich zu: Lebten 1975 noch ca. 37 % der Einwohner in Ballungszentren und groІen Städten, sind es heute schon deutlich mehr als 50 %. Mittlerweile existieren mehr als 30 Mega-Städte mit mehr als 10 Millionen Einwoh-nern – mit den entsprechenden Problemen durch Schadstoffemissionen, aber auch Lärmemissionen des Individualverkehrs.
Welche Beiträge zur Lösung oben genannter Probleme können wir mit kraftstoff-effizienten Fahrzeugen und Hybrid- oder Elektrofahrzeugen in den nächsten Jahren erreichen? Welche Veränderungen können wir erwarten?

Wie schon in der Einleitung bemerkt, nimmt seit Jahren die Zahl der neu vorgestell-ten Hybrid-, Plug-In-Hybrid- und Elektrofahrzeuge zu. Mit dem Chevrolet Volt bzw. dem baugleichen Opel Ampera ist erstmalig ein Elektrofahrzeug mit Range Extender auf den Markt gekommen. Dessen rein elektrische Reichweite ist für die meisten Nutzer im Alltag völlig ausreichend, ebenso ist er auch für eine Urlaubsfahrt geeignet. Im Jahr 2013 wird mit BMW erstmals ein Konzern die Submarke BMW i extra für Elektrofahrzeuge auf den Markt bringen und damit eine neue Form visionärer Mobili-tät anbieten. Die Konzepte i3 und i8 wurden bereits der Еffentlichkeit vorgestellt.
In den nächsten Jahren werden die Aspekte der Preisreduktion und des Reifegrades neben den Themen Reichweite und Sicherheit im Vordergrund der Entwicklung von Hybrid- und Elektrofahrzeugen stehen. Viele Umfragen zeigen, dass Fahrzeugkäufer nur begrenzt bereit sind, einen signifikanten Mehrpreis für ein Hybrid- und Elektro-fahrzeug zu bezahlen. Vermutlich wird es nur gelingen, Hybrid- und Elektrofahrzeuge in gröІerer Anzahl – ohne Förderprogramme und Subventionen – erfolgreich in den Markt zu bringen, wenn diese zu einem für den Käufer akzeptablen Preis angeboten werden können und gleichzeitig alltagstauglich sind.

Darüber hinaus gibt es aber auch bei den konventionellen Fahrzeugen jedes Jahr signifikante Fortschritte im Kraftstoffverbrauch. Funktionen wie die Intelligente Gene-ratorregelung oder Stopp/Start-Funktion sind mittlerweile von allen groІen Fahr-zeugherstellern für ihre aktuellen Modelle verfügbar. Volkwagen als gröІter deut-scher Automobilhersteller hat verkündet, zukünftig die Stopp/Start-Funktion als Stan-dardausstattung in allen neuen Modellen auszuliefern. Eine MaІnahme, die den Verbrauch im Neuen Europäischen Fahrzyklus um ungefär 0,5l/100km senkt. Mit der Segelfunktion, bei der der Motor in Schubphasen abgestellt wird, wird die nächs-te Erweiterung der Stopp/Start-Funktion in den Markt kommen. Wärend die Ver-brauchsersparnis im Normzyklus eher gering ist, konnte mit ersten Testfahrzeugen gezeigt werden, dass Segeln ein Kraftstoffeinsparpotenzial im typischen Kunden-fahrbetrieb von ungefär 0,5/100km erschließt.
Eine der größten Veränderungen der letzten Jahre im Energiebordnetz werden wir voraussichtlich 2015/16 erstmalig in Fahrzeugen finden: das Zwei-Spannungs-bordnetz mit 48 V und 12 V. Hierbei werden Generator und Verbraucher mit einem hohen Energiebedarf, wie beispielsweise elektrische Lenkunterstützung, Wankstabi-lisierung oder Lüfter, auf der 48-V-Seite des Bordnetzes arbeiten, wärend Steuer-geräte und Sensoren auf der 12-V-Seite verbleiben. Dadurch kann ein gröІerer Teil der im Bordnetz benötigten elektrischen Energie aus der Bewegungsenergie rekupe-riert werden, wodurch eine weitere Verbrauchsreduktion von bis zu 0,5l/100km er-reicht werden kann. Als positiver Nebeneffekt dieser Partitionierung entfällt die Span-nungsstabilisierung auf der 12-V-Ebene, da sich die dynamischen Hochleistungs-verbraucher nicht mehr im 12-V-Teilbordnetz befinden.
Das vorliegende Buch entstand anlässlich der Fachtagung „Elektrik/Elektronik in Hybrid- und Elektrofahrzeugen und elektrisches Energiemanagement“ vom Haus der Technik e.V. Essen am 23. und 24. April 2012 in Miesbach. Es werden die Inhalte und Beiträge zum Gesamtsystem der Elektrik/Elektronik in Hybrid- und Elektrofahr-zeugen und Konzepte zum elektrischen Energiemanagement dargelegt und vertieft. Der thematische Bogen spannt sich von Gesamtsystemansätzen für Hybrid-, Plug-In-Hybrid- und Elektrofahrzeugen und E/E-Architekturen, Ladesystemen über Leis-tungselektronik, elektrisches Energie- und Batteriemanagement bis hin zu Nieder-voltspeichern.

Unser besonderer Dank gilt allen Autoren und Referenten, die mit ihren aktuellen und interessanten Fachbeiträgen dieses Buch ermöglicht haben. Ferner möchten wir Herrn Bernd Hömberg und seinen Mitarbeitern vom Haus der Technik e.V. in Essen für die Planung und Vorbereitung der Veranstaltung, Herrn Dr. Arnulf Krais vom expert verlag in Renningen für die verlegerische Betreuung des Buches und Frau Dr. Vera Lauer, Herrn Professor Dr. Ludwig Brabetz, Herrn Friedrich Graf, Herrn Professor Dr. Hans-Georg Herzog, Herrn Dr. Thorsten Hestermeyer, Herrn Dr. Jan Lichtermann, Herrn Dr. Marc Nalbach, Herr Dr. Dieter Polenov, Herrn Dr. Hartmut Pröbstle, Herrn Tomas Reiter, Herrn Professor Dr. Dirk-Uwe Sauer und Herrn Richard Schöttle für die Arbeit im Programmausschuss danken.

München, im April 2012 Ottmar Sirch
Dr. Carsten Hoff

Hersteller und Zulieferer arbeiten mit Hochdruck an neuen Konzepten und Fahrzeugen. Für Anwendungen mit Hybridantrieb aber auch für das rein elektrische Fahren ist das elektrische Bordnetz von entscheidender Bedeutung. Vieles wird hinterfragt, Bewährtes aber auch übernommen. Die Betrachtungsweise ist dabei entscheidend. Hybridfahrzeuge ebnen den Weg für reine Elektrofahrzeuge, die aufgrund der Energiespeicher wohl erst langfristig großflächig zum Einsatz kommen werden. Die Lösungen dazu entstehen aber bereits heute. Für die neuen Antriebssysteme werden neue Konzepte entwickelt und Ideen erprobt. Die deutschen Hersteller und Zulieferer positionieren sich in diesem spannenden Markt.

Das Haus der Technik bringt Entwickler, Anwender und Forscher mit der nochmals erweiterten  Veranstaltung „eehe“ zusammen, die aus der Bündelung der HDT-Tagungen „Energiemanagement und Bordnetze“, „Elektrik/Elektronik in Hybrid- und Elektrofahrzeugen“ sowie „Motor Start/Stopp Systeme“ entstanden ist. Die Teilnehmer treffen so alle wichtigen Akteure auf einer einzigen Tagung. Aus der großen Anzahl der Einreichungen ist ein ausgesprochen attraktives Programm mit Postersession und Fahrzeugausstellung entstanden.

Im Mittelpunkt der Fachtagung am 23. und 24. April 2012 in Bamberg stehen die Themen Elektrik/Elektronik für Hybrid-, Plug-In-Hybrid- und Elektrofahrzeuge, elektrisches Laden, elektrisches Energiemanagement, E/E-Architekturen, Start-Stopp-Systeme, Leistungselektronik, Niedervolt-Speicher und Batteriemanagement sowie E/E-Systeme für Brennstoffzellen-elektrische Fahrzeuge und Nutzfahrzeuge

Die Tagung wird von einer begleitenden Ausstellung flankiert. Zusätzlich werden Elektro- und Hybridfahrzeuge namhafter Hersteller sowie Versuchsfahrzeuge zu besichtigen sein (BMW 1er Coupe, eMini, RSA Kangoo, Daimler A-Klasse E-Cell, B-Klasse F-Cell, Fisker Karma, Infineon e-Cart, Opel Ampera, E-Roller, TU München).